Viel Lärm um nichts

Veröffentlicht von Wolfgang Raab am

Geräte und Maschinen im Einsatz erregen manchesmal Unmut, bei jenen, die ihre Freizeit in Ruhe verbringen wollen. Beiderseitiges Verständnis ist gefragt.

Was haben Mähdrescher und Rasenmäher gemeinsam? Sie sind beide mehr oder weniger nützlich oder sogar unverzichtbar, und führen mitunter aufgrund ihres Lärmpegels zu Beschwerden der Anrainer. So gesehen bekommt ein Nicht-Landwirt, der angesichts einer heranziehenden Regenfront am Samstagabend noch schnell den ohnehin schon viel zu langen Rasen mähen will, einen kleinen Einblick in die Nöte eines Lohndruschunternehmers, der neben dem Wetterbericht auch noch das volle Auftragsbuch seiner Kunden zu berücksichtigen hat. Aber wie ist nun die rechtliche Lage?

Lärm bei Tag und Nacht

Jedes Jahr nach Anlaufen der Mähdruschsaison werden Landwirte mit Anzeigen wegen ungebührlicher Lärmerregung konfrontiert. Insbesondere bei Arbeiten in der Nacht kommt es des öfteren zu Beschwerden von Anrainern. Die meisten Bundesländer kennen in ihren Polizeistrafgesetzen den Tatbestand der ungebührlichen Lärmerregung. 

So macht sich zum Beispiel nach § 3 Abs 1 oö. Polizeistrafgesetz strafbar, wer „ungebührlicherweise störenden Lärm erregt“. Als störenden Lärm versteht das Gesetz „alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche“.

Als ungebührlich gilt dieser, „wenn das Tun oder Unterlassen (…) gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.“

Diese Bestimmungen bieten einen breiten Interpretationsspielraum. Allgemein ist während der Nachtruhe (zirka 22 Uhr bis 6 Uhr) jeder überflüssige Lärm zu vermeiden. Aber gilt das auch für die Landwirtschaft in Zeiten besonderer Arbeitsspitzen? 

Nachtruhe gestört

Zu dieser Frage nahm der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bereits im Jahr 1996 in einem Strafverfahren eindeutig Stellung. Ein Mähdrescherfahrer war angezeigt und in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft bestraft worden, weil er in der Zeit zwischen 21 bis 23 Uhr ein Feld abgeerntet hatte und die 300 Meter entfernt wohnenden Nachbarn sich dadurch in der Nachtruhe gestört fühlten.

Dieses Verhalten sah der Unabhängige Verwaltungssenat im konkreten Fall nicht als ungebührlich, denn: „Das Einbringen der Ernte bei sonst unter Umständen möglichem Ernteausfall kann und muss von anderen Menschen geduldet werden, insbesondere dann, wenn aufgrund des Fortschrittes der Arbeit ein baldiges Ende abzusehen ist. Die Bauernschaft hat ein Anrecht darauf, ihre Ernte einzubringen, selbst wenn dies an einem Samstagnachmittag, an einem Sonntag oder in den späten Abendstunden erfolgt. Eine gegenteilige Ansicht würde diesen – ohnehin nicht verwöhnten – Berufsstand weiter in ihrer Lebensexistenz bedrohen.“

Diese klaren Worte sprechen für sich. Allerdings kann man daraus nicht einen Freibrief für jegliche nächtliche Lärmerregung ableiten, sondern es sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheidend. Nur wenn auf beiden Seiten Rücksichtnahme und Toleranz herrschen, wird eine gute Nachbarschaft entstehen können.

Sonderfall Rasenmäher

Aufgrund der hohen Zahl an potenziellen Betroffenen, haben viele Gemeinden ortspolizeiliche Verordnungen erlassen, in denen sie die Wochentage beziehungsweise die erlaubte Zeitspanne definieren, in denen lärmende Tätigkeiten wie Rasenmähen erlaubt sind. Diese sind natürlich einzuhalten. In anderen Gemeinden bestehen keine rechtlichen Regelungen, sondern bloße unverbindliche Empfehlungen. Für alle genannten Beispiele gilt außerdem: Wenn es sich um eine so genannte Immission handelt, ist unter gewissen Voraussetzungen auch ein privatrechtlicher Unterlassungsanspruch vorstellbar. Zuständig ist in diesem Fall das Bezirksgericht.

Hinweis: Im vorbildlichen Behördenwegweiser findet man ein Verzeichnis der ortspolizeilichen Verordnungen der einzelnen Gemeinden (OÖ, Stand 2012). Siehe unter: www.help.gv.at

Text: Wolfgang Raab, Rechtsexperte

Aus Lust aufs Land, Ausgabe 20.06.2014

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