Grenzenlose Freiheit

Veröffentlicht von Wolfgang Raab am

Sportliche Aktivitäten in der Natur erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit: Radfahren, Laufen, Nordic Walking, Bergwandern oder Reiten – die Möglichkeiten sind vielfältig. Dass damit auch rechtliche Fragen verbunden sind, ist vielen nicht bewusst. So positiv und begrüßenswert dieser Bewegungsdrang ist, so viele potenzielle Reibungspunkte mit den betroffenen Grundeigentümern bringt er mit sich.

Ein Beispiel: In einem nebelfreien Gebiet in Oberösterreich gibt es einen romantischen Weg am Waldrand mit herrlichem Alpenblick. Im Herbst wird dieser Weg vor allem von Städtern stark frequentiert. Die Autos werden auf einem Feldweg so geparkt, dass der Landwirt mit seinen Fahrzeugen nicht mehr durchkommt, wenn er zu seinen Grundstücken will. Zu allem Überfluss hat die Gemeinde diesen Weg auch noch in einem Wanderführer eingezeichnet, ohne den Landwirt zu fragen. 

Ersitzung und Haftung

Der Grundeigentümer hat ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht auf Freiheit seines Eigentums. Es ist ein Irrtum, dass es ein allgemeines Recht gäbe, sich z.B. auf Wiesen und Feldern – zumindest außerhalb des Berggebietes – frei und ohne Genehmigung zu bewegen. Dieses Wissen sollte im gesunden Rechtsempfinden eines jeden Durchschnittsbürgers verankert sein. Es käme auch niemand auf die Idee, ohne Zustimmung des Nachbarn in dessen Garten zu gehen und in den Swimmingpool zu springen.

Oft wird eine ablehnende Haltung des Grundeigentümers als kleinlich empfunden. Tatsache ist aber, dass eine stillschweigende Duldung rechtliche Konsequenzen haben kann. So kann bei einer mehr als 30-jährigen Rechtsausübung ein Wegerecht durch Ersitzung erworben werden, das nicht mehr einseitig widerrufen werden kann. Darüber hinaus können sich bei Unfällen Haftungsfolgen für den Grundeigentümer ergeben. Es ist also nachvollziehbar, wenn sich Grundeigentümer im Wissen um die Rechtslage entsprechend defensiv verhalten.

Der Wald ist für Fußgeher geöffnet

Eine besondere Situation gilt im Wald: Das Forstgesetz sieht ein allgemeines Betretungsrecht des Waldes zu Erholungszwecken vor. Der Waldbesitzer kann dieses Recht nur unter gewissen Voraussetzungen durch eine Waldsperre vorübergehend einschränken.

Der Grundsatz des freien Betretens des Waldes umfasst nur das Gehen, nicht aber das Radfahren, Mountainbiken oder Reiten. Zum Ausgleich beschränkt das Forstgesetz die Haftung für Schäden im Wald auf grobe Fahrlässigkeit. Reiter, Radfahrer und Mountainbiker sind daher nach derzeitiger Rechtslage vom allgemeinen Betretungsrecht ausgeschlossen.

Wer verbotenerweise eine Forststraße befährt, handelt auf eigene Gefahr. Außerdem droht eine Verwaltungsstrafe nach dem Forstgesetz.

Außerhalb des Waldes besteht ein solches Betretungsrecht nicht. Das Betreten und Befahren von Privatgrund ist daher grundsätzlich nur mit Zustimmung des Eigentümers zulässig.

Feldfrevel nach dem OÖ. Alm- und Kulturflächenschutzgesetz:
Wer unbefugt Gärten, bebaute oder für den Anbau vorbereitete Felder oder Wiesen zur Zeit des Graswuchses betritt, reitet, mit Fahrzeugen fährt oder diese abstellt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu bestrafen.

Wegefreiheit im Bergland

In Oberösterreich gilt folgende Regelung: Das Ödland oberhalb der Baumgrenze und außerhalb des Weidegebietes, soweit es nicht verbaut, bestockt oder eingefriedet ist, ist für den Fußgängerverkehr frei. Das bedeutet, dass im freien Bergland oberhalb der Baumgrenze ein allgemeines Betretungsrecht besteht, mit Ausnahme von Weiden. Außerhalb des Berggebietes gilt diese allgemeine Wegefreiheit nicht.

Verständnis und Toleranz auf beiden Seiten

Im Ergebnis ist also aus juristischer Sicht in vielen Fällen von einer rechtswidrigen Nutzung bzw. Besitzstörung auszugehen, teilweise sind auch verwaltungsrechtliche Straftatbestände verwirklicht.
Natürlich wird man sich aber auch als Landwirt um ein konstruktives Miteinander im Sinne eines besseren Verständnisses der Gesellschaft für die eigene Berufsgruppe bemühen. Man muss nicht immer bis zum letzten Zentimeter auf sein Eigentum pochen, wenn z.B. Spaziergänger bei schönem Wetter über die gemähte Wiese gehen. Wie so oft im Leben wirken ein wenig Verständnis und Toleranz auf beiden Seiten oft Wunder.

Sonderproblem Hundekot

Gerade in Stadtnähe können viele ein Lied davon singen: Hundebesitzer fahren mit dem Auto ins Grüne, um ihre Vierbeiner auszuführen. Dabei ist ihnen oft nicht bewusst, dass der Hundekot das dort angebaute Futter verunreinigt und ein hygienisches und gesundheitliches Problem darstellt.

Diese Selbstverständlichkeit, oftmals verbunden mit Unverständnis oder sogar Aggression, wenn ein Landwirt einen Hundebesitzer anspricht, zeugt mitunter von grober Unkenntnis der Rechtslage. Das „Sackerl fürs Gackerl“ ist kein Entgegenkommen, sondern geltendes Recht, und somit Pflicht für die Hundebesitzer.

Text: Wolfgang Raab, Rechtsexperte; April 2025

Kategorien: Fachartikel