Ein Messen mit zweierlei Maß: Einsatz von Insektiziden
Bei einem Blick auf die Wirkstoffe, die in Zecken- und Flohhalsbändern von Hunden und Katzen enthalten sind kann man schnell feststellen, dass diese einen Wirkstoff aus der Gruppe der Neonicotinoide (Imidacloprid) enthalten. In der Landwirtschaft ist der Einsatz von Neonicotinoiden bei der Saatgutbeize EU-weit verboten. Die Versorgung mit europäischem Zucker und Raps ist dadurch gefährdet.
In mehr als jedem dritten österreichischen Haushalt leben Haustiere. Schätzungsweise werden 1,6 Millionen Katzen und an die 630.000 Hunde gehalten (Quelle: Statistik Austria). Haushalte mit Tieren geben im Schnitt an die 75 Euro monatlich für ihre Lieblinge aus. Manche Ausgabe betrifft dabei auch die Bekämpfung von Ungeziefer. Gerade jetzt am Beginn der warmen Jahreszeit haben Katzen und Hunde mit Plagegeistern, wie Zecken, Flöhen etc. zu kämpfen. Die Haustierhalter setzen hier beispielsweise Halsbänder bei ihren Lieblingen ein, auf denen sich jedoch eine Palette von Wirkstoffen befinden. Auch auf so manchen Feldern müssen Schädlinge intensiv bekämpft werden um die Ernte zu retten. Bei der Landwirtschaft werden hier jedoch andere Maßstäbe angelegt. Zahlreiche Wirkstoffe sind hier schon verboten.
Zecken- und Flohhalsbänder vs. Pflanzenschutzmittel
Der OÖ Bauernbund hat die Zecken- und Flohhalsbänder näher unter die Lupe genommen und war besonders über das Vorhandensein des Wirkstoffes „Imidacloprid“ verblüfft. Bei diesem Wirkstoff handelt es sich um ein systemisch wirksames Insektizid aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide. Bei Hunden reichen die Nebenwirkungen laut Beipackzettel bis hin zu Verwirrtheit und epileptischen Anfällen.
„Seit dem heurigen Jahr ist der Einsatz von Saatgutbeizmitteln auch bei der Zuckerrübe verboten. Den Bauern, die damit äußerst sorgsam umgegangen sind, ist dadurch ein wichtiges Werkzeug für einen erfolgreichen Zuckerrübenanbau abhandengekommen. Sie müssen das jetzt oftmals mit schlechter wirksamen Mitteln und durch mehrmalige Anwendung kompensieren“, so OÖ Bauernbund-Direktor Ing. Wolfgang Wallner und ergänzt: „Das hat daher im Endeffekt nicht nur negative ökonomische, sondern auch ökologische Auswirkungen.“
„Pflanzenschutz-Sachkundenachweis“
Durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln soll die Kulturpflanze von einem Befall mit Schadinsekten oder Krankheiten befreit werden. Seit dem Jahr 2009 ist für den Kauf und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln der „Pflanzenschutz-Sachkundenachweis“ notwendig. Die Landwirte müssen dazu verpflichtend an Weiterbildungsveranstaltungen teilnehmen. Nur dann darf die sachkundige Person Pflanzenschutzmittel ausbringen. „Bei der Anwendung von Halsbändern bei Haustieren gibt es erstaunlicherweise keine Regelung. Diese können auch im Internet bestellt werden“, zeigt sich Wallner verwundert.
Anbauzahlen: Zuckerrübe und Raps – biologisch und konventionell
Ein gänzlicher Verzicht auf Pflanzenschutzmitteln ist bei einem wirtschaftlichen Anbau nur schwer möglich. Das belegen auch aktuelle Anbauzahlen bei Raps und Zuckerrübe.
- Raps (Österreich): 26.000 ha, davon 180 ha biologisch
- Raps (Oberösterreich): 7.150 ha, davon 80 ha biologisch
- Zuckerrübe (Österreich): 38.000 ha, davon 900 ha biologisch
- Zuckerrübe (Oberösterreich): 8.180 ha, keine genauen Zahlen vorhanden
Eigenversorgung Europas gefährdet
Die Europäische Union hat für ihre Mitgliedsstaaten hohe landwirtschaftliche Produktionsstandards vorgegeben. Österreich erfüllt diese Vorgaben deutlich und verfügt damit über die weltweit höchsten Umwelt- und Tierhaltungsstandards.
„Ständig neue Verbote seitens der EU schränken die europäische Lebensmittelproduktion zusehends ein. Die Umsetzung des EU-Green Deals bis 2030 verursacht Studien zufolge eine Reduktion der Lebensmittelerzeugung von über 20 Prozent. Die Folge: Lebensmittel, beispielsweise Zucker, müssen in Zukunft aus Übersee in die Europäische Union importiert werden. Die Produktionsstandards bleiben dabei auf der Strecke. Laut den Rübenbauern (Dachverband der österreichischen Rübenbauern) sind die Zuckerimporte aus Übersee im Jahr 2022 in die EU extrem gestiegen“, erklärt Wallner.
Heimischen Qualitätslebensmittel den Vorzug geben
Im EU-Ausland dürfen nach wie vor Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die in der EU schon lange verboten sind. Auch die Höhe der Wirkstoffmenge spielt wegen mangelnder staatlicher Kontrollen und Vorgaben kaum eine Rolle. Das bestätigt auch eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung des AK-Konsumentenschutzes Oberösterreich. Dabei wurde importiertes Obst und Gemüse aus Drittstaaten auf Rückstände von Wirkstoffen untersucht. Das Ergebnis: Bei rund drei Viertel der Proben konnten Wirkstoffrückstände gefunden werden, die in der EU verboten sind.
Wallner appelliert: „Wir können uns nicht eine Messlatte selbst auferlegen die dann für importierte Lebensmittel nicht gilt. In Europa braucht es daher eine gemeinsame Politik, die unsere Versorgungssicherheit nicht gefährdet. Den Konsumenten rate ich beim täglichen Einkauf auf heimische, regionale Qualitätslebensmittel zu setzen. Denn jeder Griff ins Regal löst einen Produktionsauftrag aus und sichert das Fortbestehen unserer heimischen Landwirtschaft.“
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