Lebensmittel: Verbotskultur schürt Abhängigkeiten

Veröffentlicht von OÖ Bauernbund am

Nicht nur der Bauernbund, sondern auch Landwirtschaftskammer oder der EU-Bauern- und Genossenschaftsverband COPA/COCEGA warnen schon seit Jahren vor einer steigenden Importabhängigkeit und damit dem schleichenden Verlust der europäischen bzw. österreichischen Versorgungssicherheit.

Sinkende Erträge, Qualitätsverluste oder gar Totalausfälle – das sind Schlagzeilen, die bei der heurigen Ernte in den Medien zu lesen waren. „Droht gar das Aus der heimischen Pommes-frites-Produktion?“ war da zu lesen. Inzwischen ist es um diese Themen wieder deutlich stiller geworden. Die Problematik des drohenden Verlustes der Selbstversorgung bleibt aber aktuell. Der Bauernbund als größte agrarpolitische Interessenvertretung in Österreich wird nicht müde vor dieser Gefahr zu warnen.

Eine Portion Ideologie kann gefährden…

Kein Bauer setzt Pflanzenschutzmittel nach Lust und Laune ein. Denn Pflanzenschutzmittel kosten Geld. Ihr Einsatz sichert – kombiniert mit einer optimalen Düngung – Bodenbearbeitung und Fruchtfolge, den Ertrag und die Qualität des Erntegutes. „Betrachtet man die europäische Geschichte, so ist eine durchgehend ausreichende Lebensmittelversorgung erst seit dem Zweiten Weltkrieg gegeben. Davor gehörte Hunger, ausgelöst durch Missernten, zum Alltag. Eine geringe Ernte bedeutete im Winter Hunger. Die Globalisierung hat diesem Szenario den Schrecken genommen. Die vergangenen Jahre mit Corona und Krieg in Europa haben jedoch gezeigt, wie schnell sich das Blatt wenden kann“, so OÖ-Bauernbund-Direktor Ing. Wolfgang Wallner.

Schadhafte Ware nicht verkaufsfähig

Aufgrund immer mehr verbotener Pflanzenschutzmittel in der EU, und besonders in Österreich, stehen den Bauern immer weniger Mittel zu Verfügung, um ihre Feldfrüchte zu schützen.

Landwirtschaftskammerrat und Obmann des Verbandes der Gemüse-, Erdäpfel- und Obstbauern OÖ Ewald Mayr ist selbst als Gemüsebauer im Eferdinger Becken betroffen. „Seit mehreren Wochen kann ich meine Radieschen nicht mehr verkaufen. Der Grund dafür ist das Verbot wirksamer Pflanzenschutzmittel in Österreich. Wir in Österreich müssen mit einer Wirkstoffmischung arbeiten und mehrere Spritzungen durchführen. Unsere Kollegen beispielsweise in Deutschland haben dieses Problem nicht. Sie führen eine Behandlung des Bestandes im Keimblattstadium und nochmals rund eine Woche später durch. Eine weitere Behandlung ist dann nicht mehr nötig“, erklärt Mayr. 

Handel und Konsument verlangen einwandfreie Ware

Kein Fleckchen, keine Fraßspuren – kurzum: Die Ware muss stets frei von jeglichem Makel sein. Ansonsten wird sie weder vom Handel, noch vom Konsument gekauft.

„Es gibt keine Versicherung, die mir den Schaden bei den Radieschen abdeckt. Ich bleibe auf meinen Kosten vollständig sitzen und muss schauen, wie ich meinen Einkommensentgang anderweitig ausgleichen kann. Es ist nicht sinnvoll Verbote zu machen und keine Alternativen anzubieten. Der Selbstversorgungsgrad Österreichs (2021) beträgt bei Gemüse nur 58 und bei Obst 48 Prozent“, so Mayr.

Der Ausschussvorsitzende des Ausschusses für Pflanzenbau und Grünlandwirtschaft der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, Kammerrat Michael Treiblmeier, ist ebenfalls besorgt von dieser Entwicklung und ergänzt: „Wir erzeugen durch Verbote immer mehr nicht verkaufsfähige Lebensmittel und füttern salopp gesagt nur mehr die Schädlinge. In den vergangenen zehn Jahren wurden 500 von 900 Wirkstoffen verboten. Betroffen sind derzeit besonders Kulturen wie Zuckerrübe, Raps, Erdäpfel und Kürbis.“

Produktionsrisiko steigt – Anbauflächen sinken

Aufgrund fehlender Wirkstoffe reduzieren die Bauern, beispielsweise bei Kulturen wie Erdäpfeln, ihre Anbauflächen.

„Das Risiko für Ertragsausfälle ist einfach mittlerweile für viele Bauern zu hoch“, so Treiblmeier, und fügt hinzu: „Die Einschränkung der Palette an Pflanzenschutzmitteln bedeutet auch eine Zunahme der Lebensmittelverluste. Laut einer Information der InteressenGemeinschaft Erdäpfelbau (IGE) wurden im Jahr 2018 rund 112.500 Tonnen Erdäpfel durch den Drahtwurm vernichtet. Diese Menge hätte die gesamte Wiener Bevölkerung ein Jahr lang mit Erdäpfeln versorgen können. Entsprechende Adaptierungen des Green Deals sind daher nötig.“

Widerspruch auf EU-Ebene

Die Landwirtschaft gerät immer mehr in die Fänge eines durch Ideologie heiß umkämpften Wirtschaftssektors. Auf EU-Ebene wird versucht den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch den Green Deal bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Ob damit die Versorgungssicherheit gefährdet wird, scheint die dafür zuständigen politischen Entscheidungsträger nicht zu kümmern.

„Eine persönliche Meinung kann man ja zu jedem Thema haben. Hingegen darf eine rein ideologiebasierte Politik – und das zu Lasten der Bevölkerung, der Ernährungssicherheit und der Bauern etc. – nicht stattfinden. Dieser muss eine klare Absage erteilt werden. Die zunehmende Einschränkung der Pflanzenschutzmittel steht auch im Widerspruch mit den europäischen Zielen, wie dem Umwelt- und Klimaschutz. Die unzähligen durchgeführten Studien zu den Auswirkungen der Umsetzung der Pflanzenschutzmittelreduktionsverordnung (Teil des Green Deals) müssen endlich beachtet werden. Wir können keine Produktionsrückgänge von über 20 Prozent hinnehmen. Ansonsten müssen die fehlenden Lebensmittel, die zu deutlich geringeren Produktionsstandards in Drittstaaten erzeugt werden, in die EU importiert werden. Der OÖ Bauernbund spricht sich gegen diese Entwicklungen mit einem entschiedenen Nein aus“, betont Wallner.

Ausländische Lebensmittel häufig belastet – heimische Qualität bevorzugen

In Nicht-EU-Länder dürfen nach wie vor Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die in der EU schon lange verboten sind. Auch die Höhe der Wirkstoffmenge spielt wegen mangelnder staatlicher Kontrollen und Vorgaben kaum eine Rolle. Das bestätigt auch eine diesjährige veröffentlichte Untersuchung des AK-Konsumentenschutzes Oberösterreich. Dabei wurde importiertes Obst und Gemüse aus Drittstaaten auf Rückstände von Wirkstoffen untersucht. Das Ergebnis: Bei rund drei Viertel der Proben konnten Wirkstoffrückstände gefunden werden, die in der EU verboten sind.

„Das sollen die Konsumenten wissen. Ihnen muss klar werden, dass heimische Lebensmittel, produziert von unseren bäuerlichen Familienbetrieben, über höchste Standards in den Bereichen Umwelt und Tierwohl verfügen. Unsere vorbildlichen Standards dürfen nicht durch den Import ausländischer Produkte untergraben werden. Ich appelliere an die Konsumenten sich bewusst für österreichische Qualitätslebensmittel zu entscheiden“, so Wallner.

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