Renaturierungs-Verordnung: Faire Umsetzung gefordert
Das EU-Renaturierungsgesetz, das seit Mitte September 2024 in Kraft ist, verlangt von den Mitgliedstaaten, innerhalb von zwei Jahren nationale Pläne zur Wiederherstellung von Ökosystemen zu entwickeln, obwohl die Finanzierung nicht geklärt ist. Bis 2030 sind 20 Prozent der Land- und Meeresflächen zu renaturieren. Die Pläne müssen so gestaltet werden, dass sie einerseits den bäuerlichen Familienbetrieben ein wirtschaftliches Produzieren ermöglichen und andererseits sich die Versorgungssicherheit Österreichs nicht verschlechtert.
Die österreichische Landwirtschaft trägt erheblich zum Natur- und Umweltschutz bei. Über 80 Prozent der Betriebe nehmen am Österreichischen Agrarumweltprogramm ÖPUL teil. Die bundesweiten Biodiversitätsflächen betragen aktuell 245.000 Hektar. Das sind 10,7 Prozent der Acker- und Grünlandfläche. Damit stellen die Biodiversitätsflächen bereits die drittgrößte Ackerkultur in Österreich dar. Mit 27 Prozent an biologisch bewirtschafteter Fläche ist Österreich führend innerhalb der EU.
„Österreichs Bäuerinnen und Bauern sind was Umweltschutz, Tierwohl und Kreislaufwirtschaft betrifft schon jetzt globale Vorreiter. Und das muss auch als Vorleistung anerkannt werden. Außerdem gehören die agrarischen Interessenvertretungen in die Erstellung der Wiederherstellungspläne einbezogen“, so OÖ Bauernbund-Landesobfrau LRin Michaela Langer-Weninger.
Unterschiedliche Bewertungsmethoden innerhalb der EU
In Österreich ist das Umweltbundesamt für die Bewertung von Arten und Lebensräumen zuständig. „Das Problem ist hier, dass es in der EU unterschiedliche Bewertungsmethoden von Arten und Lebensräumen gibt. In Österreich gilt beispielsweise eine Biberpopulation von 1.200 Individuen als ungünstig. Das EU-Mitgliedsland Polen sieht bei ähnlicher Verbreitungs- und Populationsgröße jedoch einen günstigen Zustand. In Rumänien reichen bereits 240 Tiere“, erklärt OÖ Bauernbund-Direktor Ing. Wolfgang Wallner.
EU-Kommission: Rechtsunsicherheit durch delegierte Rechtsakte
Die EU-Kommission hat sich vorbehalten, durch sogenannte delegierte Rechtsakte eingreifen zu können, wenn Maßnahmen nicht konsequent umgesetzt oder Ziele nicht erreicht werden.
„Die Eingriffsmöglichkeit durch delegierte Rechtsakte bedeutet für Grundeigentümer sowie Bäuerinnen und Bauern permanent vorherrschende Rechtsunsicherheiten und den etwaigen Vollzug von Zwangsmaßnahmen“, zeigt sich Langer-Weninger besorgt und ergänzt: „Wichtig ist die Einbindung der Grundeigentümer. Neue Verpflichtungen, zusätzliche Maßnahmen etc. kommen einer Enteignung durch unfreiwillige Bewirtschaftungsauflagen gleich. Ganz zu schweigen von der Finanzierung. Jedenfalls dürfen dafür keine bestehenden Gelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik verwendet werden. Denn diese benötigen die bäuerlichen Familienbetriebe. Es ist entscheidend, dass der nationale Umsetzungsplan den heimischen Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft eine wirtschaftliche Perspektive bietet.“
Gesamtgesellschaftlicher Beitrag gefordert
Natur- und Umweltschutz betrifft alle Wirtschaftsbereiche und Menschen – vor allem auch in ihrem privaten Umfeld.
„Die Renaturierungsverordnung nur auf den Rücken der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe umzusetzen ist zu wenig und nicht fair. Es müssen alle Bereiche Wirtschaft, Tourismus, Stadtentwicklung etc. entsprechend berücksichtigt werden. Nach meinem Verständnis fängt das schon bei den Privathäusern mit „Schottergärten“ oder einem „perfekten Rasen“ den 24 Stunden am Tag ein Rasenmäherroboter stutzt, an. Denn Blumen und damit Insekten sucht man hier meist vergeblich“, betont Wallner.
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