Die Verjährung

Veröffentlicht von Wolfgang Raab am

Viele verwenden den Begriff der Verjährung, sind sich aber über seine konkrete Bedeutung nicht im Klaren. Unter Verjährung versteht man den Verlust eines bestehenden Rechts durch bloßen Zeitablauf. Diese drastische Rechtsfolge dient der Rechtssicherheit: Ein Zustand, der lange Zeit bestanden hat, soll als solcher anerkannt werden.

Wer sich um sein Recht nicht kümmert, wird also von der Rechtsordnung nach einer gewissen Zeit nicht mehr geschützt. Die verjährte Schuld erlischt dabei nicht wirklich, sondern wird zur „Naturalobligation“: Sie ist nicht mehr einklagbar. Wird sie dennoch – freiwillig oder irrtümlich – bezahlt, kann sie nicht mehr zurückgefordert werden. Verjährte Schulden sind also zahlbar, aber nicht klagbar. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen geprüft (also z. B. durch das Gericht bei einer Klage), sondern muss eingewendet werden.

Im Sprachgebrauch werden Verjährung und Ersitzung oft verwechselt. Sie bilden tatsächlich zwei Seiten derselben Medaille: Verjährung bedeutet Verlust, Ersitzung bedeutet Erwerb eines Rechts durch Zeitablauf. Bei der Ersitzung müssen noch weitere Umstände hinzutreten, wie z. B. qualifizierter Besitz. Ein Beispiel: Wer 30 Jahre lang in gutem Glauben über die Wiese des Nachbarn fährt, hat möglicherweise eine Servitut durch Ersitzung erworben. Umgekehrt kann das Recht durch 30-jährigen Nichtgebrauch auch wieder verlorengehen.

Man unterscheidet zwischen einer allgemeinen, langen Verjährungsfrist von 30 Jahren (bzw. 40 Jahren bei juristischen Personen) und einer besonderen, kurzen Frist von 3 Jahren – diese gilt nur in den gesetzlich angeführten Fällen. In drei Jahren verjähren z. B.:

  • „Forderungen des täglichen Lebens“, zum Beispiel für die Lieferung von Sachen und Ausübung von Arbeiten in einem Betrieb, auch für Lieferung landund forstwirtschaftlicher Produkte,
  • wiederkehrende Einzelleistungen, z. B. Zinsen, Unterhaltsbeiträge, Ausgedingezahlungen,
  • Schadenersatzansprüche ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers,
  • einzelne Raten bei Ratenzahlungen,
  • Miet- und Pachtzinse,
  • Forderungen für erbrachte Arbeitsleistungen.

Besondere Verjährungsfristen gelten im Bereich der Gewährleistung (2 Jahre für bewegliche Sachen) oder z. B. für den Anspruch des Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (6 Jahre).

Text: Mag. Wolfgang Raab

Kategorien: Rechtsservice