Glyphosat – Totalverbot in Österreich
Beim Pflanzenschutz steht nur die ÖVP zur Landwirtschaft – FPÖ, Liste JETZT und NEOS stimmen für SPÖ-Antrag
In der Nationalratssitzung im Juni wurde mittels Fristsetzungsantrag erwirkt, dass ein SPÖ-Gesetzesantrag für ein Totalverbot des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat im heutigen Plenum des Nationalrats behandelt werden musste. Die FPÖ vollzog einen Schwenk am Tag der Abstimmung und stimmte schließlich für den SPÖ-Antrag. Ebenfalls stimmte die Liste JETZT und NEOS für ein österreichisches Glyphosat-Totalverbot. Die ÖVP hat einen eigenen Antrag eingebracht, der ein Teilverbot der Anwendung von Glyphosat vorsah, der aber keine ausreichende Mehrheit im Nationalrat fand. Zudem wurde am Montag die auf Basis eines Entschließungsantrags im Nationalrat in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zum möglichen Ausstieg von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln präsentiert. Die von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) in Kooperation mit der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) erarbeitete nationale Machbarkeitsstudie kam u. a. zum wesentlichen Ergebnis, dass ein nationales Totalverbot von Glyphosat klar EU-rechtswidrig ist. Die Verlängerung der Genehmigung des Wirkstoffs über weitere fünf Jahre bis 2022 wurde zuletzt im Dezember 2017 von der Europäischen Kommission entschieden.
Nationale Machbarkeitsstudie zu Glyphosat bringt eindeutige Erkenntnisse
- Ein nationales Totalverbot von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln ist unionsrechtswidrig.
- Aus der Wirkstoffgenehmigung auf EU-Ebene und den Daten zur Zulassung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel konnte kein erhöhtes Risiko für diesen Wirkstoff im Vergleich zu anderen zugelassenen Herbiziden abgeleitet werden.
- Rückstandsdaten zeigen, dass von den in Österreich und international erhältlichen Produkten keine Gefahr für die menschliche Gesundheit ausgeht.
- Von 1.124 in Österreich untersuchten Lebensmittelproben aus konventioneller Produktion lag eine Probe (Honig) über dem Rückstandshöchstgehalt. Alle anderen Proben lagen unter den entsprechenden Höchstwerten, in 92 % der Proben waren keine Rückstände bestimmbar.
- Es liegen keine gesicherten Belege vor, dass Glyphosat die Artenvielfalt stärker beeinflusst als andere Maßnahmen zur Unkrautregulation.
- Für die Artenvielfalt spielen zahlreiche Faktoren zusammen, die sich nur schwer voneinander trennbar messen lassen – wie unter anderem Klimawandel, Umweltverschmutzung, und verschiedene Aspekte der Intensivierung der Landwirtschaft.
- Die analysierten Studien über Glyphosat-Effekte auf Pflanzen, Mikroorganismen und Tiere ergeben keinen fachlich fundierten Rückschluss auf einen Rückgang der Biodiversität durch Glyphosat-Einsatz.
- Im 10-jährigen Durchschnitt wurden etwa 329 t Glyphosat pro Jahr in Verkehr gebracht, das sind rund 24 % der gesamten jährlichen in Verkehr gebrachten Menge herbizider Wirkstoffe.
- Diese Menge entspricht einer Anwendung auf ca. 9 % der österreichischen Ackerfläche (im Vergleich dazu rd. 37 % in DE).
- Der größte Einzelverbraucher von Glyphosat ist die Österreichische Bundesbahn mit zuletzt ca. 2,7 Tonnen im Jahr 2018.
- Im Ackerbau gibt es keine alternativen Herbizide mit vergleichbarer Wirkungsbreite.
- Als Alternative können selektive Herbizide und eine mehrmalige, intensivere mechanische Bodenbearbeitung eingesetzt werden.
- In der Praxis führt dies zu einem erhöhten Aufwand. Darüber hinaus spielt der Wirkstoff für den Erosionsschutz eine zentrale Rolle.
- Bodenschonende Verfahren der Mulch- und Direktsaat sind im konventionellen Landbau bereits gut etabliert und werden auch im Agrarumweltprogramm ÖPUL berücksichtigt. Die Verfügbarkeit von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln stellt für die Landwirtinnen und Landwirte eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung dieser Verfahren dar.
- Ebenso gibt es im Wein- und Obstbau keine alternativen Herbizide, die über eine gleiche breite Wirkung gegenüber Unkräutern verfügen.
- Thermische Unkrautbekämpfung und das Abdecken des Bodens sind in der Praxis schwierig umsetzbar. Es werden aber bereits häufig mechanische Verfahren eingesetzt. In der Reihe führen diese zu einer höheren Anzahl an Arbeitsgängen, zu höheren Kosten und gehen mit negativen Auswirkungen wie z.B. Stammverletzungen oder stärkerer Bodenerosion einher. In nicht traktorgängigen Terrassenanlagen im Weinbau lassen sich mechanischen Verfahren zudem technisch kaum realisieren.
- Die Änderungen im Deckungsbeitrag auf den Anwendungsflächen betragen
- bei günstigen Bedingungen bis zu -9 %,
- bei mäßigen Bedingungen bis zu -36 %
- und bei ungünstigen Bedingungen bis zu -74 %
Sie sind insbesondere auf die unterschiedlichen Standortqualitäten, Fruchtfolgen und Bewirtschaftungsintensitäten zurückzuführen.
- Im Nicht-landwirtschaftlichen Bereich liegen die Gründe der Unkrautregulierung nicht in der Ertragssicherung, sondern vor allem in den Bereichen Optik, Substanzerhaltung, Konkurrenz und Sicherheit.
- Durch Spezifikation von Regulierungsgründen auf einzelnen Flächen können Prioritäten im Unkrautmanagement gesetzt werden.
ÖVP-Antrag mit Glyphosat-Teilverbot und Rechtssicherheit ohne Mehrheit
In Anlehnung an das im März 2019 vom Land Kärnten beschlossene teilweise Anwendungsverbot von Glyphosat sah der EU-rechtskonforme ÖVP-Antrag zum Pflanzenschutzmittelgesetz vor, dass künftig die Anwendung von Glyphosat für private Anwender im Haus- und Kleingartenbereich, aber auch die Anwendung im Bereich von Schulen und Kindergärten bzw. sensiblen Gebieten verboten wird. Die sachgerechte Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft durch fachlich ausgebildete Personen wäre davon nicht betroffen gewesen.
Standpunkt des Bauernbundes
Die Unterstützung des SPÖ-Antrags auf ein Totalverbot von Glyphosat durch die FPÖ, die Liste JETZT und NEOS ist ein populistisches Wahlkampfmanöver und letzten Endes eine glatte Wählertäuschung. In der Frage Glyphosat werden von NGOs, wie Greenpeace, Global 2000 bis hin zu den anderen Fraktionen im Nationalrat alle wissenschaftlichen und fachlich sachlichen Argumente und Erkenntnisse beiseite gewischt. Schützenhilfe erhalten die Gegner durch eine breite Unterstützung in den Medien bis hin zu Teilen des Lebensmitteleinzelhandels.
Der Pflanzenschutz ist ein unverzichtbarer Bestandteil für eine moderne, nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Eine einseitige Benachteiligung der österreichischen Landwirtschaft gegenüber anderen Staaten geht zulasten der heimischen Lebensmittelproduktion und schmälert das Angebot von hochwertigen Lebensmitteln aus der Region für die heimischen Konsumentinnen und Konsumenten. Der Bauernbund wird auch in Zukunft gemeinsam mit allen agrarischen Organisationen und der ÖVP für eine sachorientierte und auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen fußende Debatte führen und für Entscheidungen im Anliegen der bäuerlichen Familienbetriebe einstehen.
Zitate
Bauernbund-Präsident Abg.z.NR DI Georg Strasser: „Mit der heutigen Abstimmung zum Totalverbot von Glyphosat offenbart sich, wer beim Thema Pflanzenschutz in Nationalrat für oder gegen bäuerliche Anliegen eintritt. Unverständlich ist daher das landwirtschaftsfeindliche Abstimmungsverhalten der Allianz aus SPÖ, FPÖ und Liste JETZT. Diese Allianz ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse der Glyphosat-Machbarkeitsstudie von BOKU und AGES, deren 400 Einzelstudien und 25 Expertenmeinungen sowie die Anliegen der bäuerlichen Berufsgruppe mutwillig. Einzig die ÖVP steht hinter den Bäuerinnen und Bauern, während andere mit populistischen Aktionen auf Kosten der Landwirtschaft politisches Kleingeld wechseln wollen. Mit dem von uns eingebrachten Antrag setzt die ÖVP auf eine konstruktive, nachhaltige aber vor allem rechtssichere Agrarpolitik auch in Zeiten eines populistischen Vorwahlkampfes. Die ÖVP steht somit als einzige Partei konsequent für die Absicherung der Produktion von Lebensmitteln in Österreich“, so Georg Strasser.
LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger: „Wenn Österreich im gemeinsamen EU-Markt einseitig Glyphosat in der Landwirtschaft verbietet, haben die Bauern einen Nachteil gegenüber ihren Konkurrenten in anderen Ländern, die Konsumenten jedoch keinen Vorteil: Denn im Handel wird es weiterhin Lebensmittel aus Ländern geben, in denen Glyphosat nicht verboten ist. Wenn es der Handel jedoch wirklich ernst meint, dann nimmt er auch jene ausländischen Produkte aus dem Regal, die aus Ländern stammen, in denen es kein Totalverbot gibt. Das wäre nur konsequent und den Konsumenten gegenüber ehrlich“, so Josef Moosbrugger.
Wie geht es weiter?
Der Bauernbund geht davon aus, dass vorerst keine einseitigen Wettbewerbsnachteile für Österreichs Bäuerinnen und Bauern entstehen, weil der SPÖ-Antrag zum Glyphosat-Totalverbot klar unionsrechtswidrig ist. Laut Einschätzung des EU-Rechtsexperten Univ.-Prof. Dr. Obwexer wird die EU-Kommission im Rahmen der Notifizierung der Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, den Entwurf innerhalb der Drei-Monats-Frist ablehnen bzw. nicht zustimmen. Wenn es abgelehnt wird, kann es auch nicht in Kraft treten. Ohne weitere Änderungen gilt für den Einsatz der Glyphosat die bestehende Rechtslage, also eine Zulassung bis 2022.
Quelle: Österreichischer Bauernbund
Bildquellen
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