Stopp dem Bodenfraß

Veröffentlicht von OÖ Bauernbund am

„Wir verbauen uns unsere Zukunft“ – die unwiderrufliche Verbauung fruchtbarer Äcker und Wiesen ist das brennendste Umweltproblem in Österreich.

Im Jahr 2018 wurden 10,5 ha Boden pro Tag beansprucht. Davon wurde ein Großteil für Bau- und Verkehrsflächen (5,4 ha) sowie Betriebsflächen (4,7 ha) genutzt. 0,4 ha/Tag wurden für neue Erholungs- und Abbauflächen beansprucht.

Seit 2013 kann eine leicht sinkende Tendenz beobachtet werden. Trotz alldem verbrauchen wir noch immer zu viel Boden und liegen weit über dem Ziel der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002, in welcher der tägliche Bodenverbrauch mit 2,5 ha festgelegt wurde.

41 Prozent (ca. fünf Fußballfelder) des täglich beanspruchten Bodens werden versiegelt, d.h. mit einer wasserundurchlässigen Schicht bedeckt. Dies ist alarmierend, denn der Boden ist für den Klima- und Hochwasserschutz sowie für die Produktion von Nahrungsmitteln nötig. Am Ende des Jahres 2018 waren in Österreich mehr als 233.000 ha Boden versiegelt. Dies sind um rund 3.000 ha mehr als im Vorjahr.

Forderung eines strategischen Flächenmanagements

„Der Schutz der Böden muss oberste Priorität haben. Denn die Böden sind in vielerlei Hinsicht unsere wichtigste Lebensgrundlage, die wir viel besser schützen müssen, erinnert Kienzl (stellv. Geschäftsführer im Umweltbundesamt) und plädiert für ein strategisches Flächenmanagement, welches eine Verankerung der Bodenfunktionen in den entsprechenden Gesetzen vorsieht. Aber auch die Definition von Vorrangflächen für die landwirtschaftliche Produktion, für die Hochwasser-Rückhaltung und den Erhalt ökologisch wertvoller Gebiete sind wichtige Elemente“, so Kienzl.

Weiters ist es nötig brachliegende Flächen bzw. Gebäude wieder einer Nutzung zuzuführen. Denn mehr als 40.000 ha leerstehende Flächen, das entspricht der Fläche Wiens gilt es wieder zu revitalisieren. Die Nutzung von brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen sowie ungenützten Wohnflächen soll Vorrang vor Neubauten auf der grünen Wiese haben.

In 200 Jahren kein Acker mehr

„Kein anderes Land in Europa geht so sorglos mit der Verbauung seiner Böden um. Wenn Österreich so weiter macht wie bisher, wird man in 200 Jahren keine nutzbaren Agrarböden mehr vorfinden“, mahnt Kurt Weinberger (Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung). Nicht nur die Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln, sondern auch die agrarische Wertschöpfungskette ist gefährdet, wodurch ein Verlust von 500.000 Arbeitsplätzen droht. Auswirkungen auf das Klima, den Hochwasserschutz, die Artenvielfalt sind unmittelbare Konsequenzen. Um dieses Horrorszenario abwenden zu können, braucht es aber unter anderem eine Revitalisierungsinitiative für die immensen Leerstände in unserem Land – mit entsprechenden Anreizen wie Förderungen oder Abschreibungen -, weiters die Verlegung der Kommunalsteuer von Gemeinde- auf Landesebene, und ebenso müssen Böden höherer Qualität als unverbaubar erklärt werden“, fordert Weinberger. „Die aktuelle Schieflage gehört korrigiert, denn wir riskieren die Zukunft Österreichs“, so Weinberger.

Versiegelung hat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Nachteile

Wirtschaftsforscher Schneider hat in einer aktuellen Untersuchung die Folgen der Bodenversiegelung quantifiziert und die Kosten für Schutzmaßnahmen, etwa bei Hochwasser, analysiert. Dabei hat sich gezeigt, dass der Verlust der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche einhergeht mit dem Verlust von Wertschöpfung und Beschäftigung – und das nicht nur für die Bauern. Durch deren wirtschaftliche Verflechtung mit anderen Sektoren reichen die Verluste in die gesamte Wirtschaft. „So sinkt die Wertschöpfung in nur zehn Jahren um 216,0 Mio. Euro und es gehen knapp 20.000 Arbeitsplätze verloren. Mit 46,5% oder 9.000 Personen sind es hauptsächlich Jobs in der Landwirtschaft“, zeigen die Studienautoren Schneider und Stefan Jenewein auf.

Ferner macht die Bodenversiegelung Hochwasserschutzmaßnahmen notwendig. Werden diese Mittel anderweitig eingesetzt, so sind damit positive Effekte auf die Wertschöpfung in Höhe von jährlich bis zu 83,7 Mio. Euro verbunden. Darüber hinaus können dabei Jahr für Jahr bis zu 1.125 Jobs gesichert werden.

Schwarz: Bodenversiegelung ist „Schöpfungsraub“

Vor dem „ungezügelten Verbrauch“ von Ressourcen mahnt auch Bischof Schwarz: „Verantwortung für unseren Lebensgrund muss eine Querschnittmaterie durch alle Politikbereiche, durch unser aller Leben werden.“ Um nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen, müsse es angemessene Anreize geben, den Ressourcenverbrauch zu begrenzen. Auch Papst Franziskus ruft in seiner Enzyklika „Laudato si“ zur „ökologischen Spiritualität“ auf: „Schöpfungsverantwortung ist eine Programmatik, ein Auftrag. Es ist auch mit einem Perspektivenwechsel verbunden: Optimierung statt Maximierung, Effizienz statt Wachstum, Generationengerechtigkeit statt kurzfristigem Erfolg“, skizziert Schwarz das Schreiben, in dessen Gefolge die Österreichische Bischofskonferenz ambitionierte Ziele im kirchlichen Bereich zu den Themen Nachhaltigkeit, Energiewende und ökosoziale Beschaffungsordnung beschlossen hat, die nun Schritt für Schritt umgesetzt werden. Darunter sind etwa neue Richtlinien für die Verpachtung von Landwirtschaftsflächen in Kirchenbesitz, die künftig biologisch zu bewirtschaften sind. Oder die sukzessive Umstellung auf erneuerbare Energien in Immobilien, die der katholischen Kirche gehören. „Das Thema Bodenverbauung ist so ernst, dass es heute schon umgesetzt werden muss“, bringt es Diözesanbischof Schwarz auf den Punkt.

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