Kuhweide oder Raketenfriedhof?

Veröffentlicht von OÖ Bauernbund am

Pressekonferenz – OÖ Bauernbund fordert knallerfreie Gemeinden.

Die Pressekonferenz des OÖ Bauernbundes am 11.12.2019 war ein voller Erfolg und fand große mediale Aufmerksamkeit sowie Zustimmung. Nachfolgend können Sie den Pressetext lesen.

Pressetext

Das neue Jahr wird in Österreich der Tradition gemäß mit Sekt und Feuerwerk begrüßt. Rund zehn Millionen Euro gibt Herr und Frau Österreicher durch den Kauf von Raketen und Knallkörpern jedes Jahr aus, wobei das Geld dabei buchstäblich in die Luft geblasen wird. Feuerwerke enthalten jedoch Feinstaub und Schwermetallpartikel. Sie verschmutzen die Umwelt durch Plastik, sorgen für eine erhöhte Lärmbelastung und können zu Verletzungen führen. Plastikbestandteile verunreinigen Wiesen und Weiden bzw. das Futter und können Krankheiten bis hin zu Todesfällen bei Tieren auslösen. Der OÖ Bauernbund fordert Maßnahmen.

Bäuerinnen und Bauern sind Hauptbetroffene

Die aktuelle Diskussion über Klima, Plastik- bzw. Müllvermeidung, Feinstaub und generell Nachhaltigkeit und Umweltschutz steht in krassem Widerspruch zur „Knallerei“ in der Silvesternacht. Ganz besonders betroffen sind die Bäuerinnen und Bauern. Die teils messerscharfen und bis zu 5 cm großen Teile sind auf Wiesen, Weiden und Feldern schwer zu finden. Gelangen diese ins Futter bzw. Gras oder Heu stellen sie eine echte Gefahr für Kühe, Schafe, Ziegen und Pferde dar und können zu Verletzungen, Krankheiten bis hin zu Todesfällen bei Tieren führen.

„Die Forderungen nach Umwelt- und Klimaschutz sind laut, daher muss alles darangesetzt werden, jegliche Verschmutzung der Natur zu vermeiden“, betont der Landesobmann des OÖ Bauernbundes LR Max Hiegelsberger.

Die Landwirtschaft ist ein aktiver Klimaschützer. Durch die Bewirtschaftung der Böden werden die Humusgehalte gesteigert, da klimaschädliches COgebunden wird.

Österreichs Landwirtschaft ist laut aktuellem Klimaschutzbericht nur für 10 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. 90 Prozent verursachen andere Bereiche, wie Energie, Industrie, Verkehr und Haushalte. Berücksichtigt man die Kohlenstoffspeicherung des Land- und Forstwirtschaftssektors und die Substitution fossiler Energieträger, dann arbeitet die Landwirtschaft CO2 neutral bzw. speichert mehr CO2, als sie verursacht. „Nur durch Wiederkäuer kann das Grünland und somit unsere schöne Kulturlandschaft erhalten werden. Verzichten wir gemeinsam der Umwelt und den Tieren zu Liebe auf diese riesige Knallerei zu Silvester“, so Hiegelsberger.

Feinstaub

Durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in der Silvesternacht werden rund 500 Tonnen Feinstaub emittiert. 10 Prozent des Feinstaubes, den der Verkehr während des ganzen Jahres in Österreich emittiert, werden zu Silvester durch Feuerwerkskörper verursacht. Am 01. Jänner 2018 wurde der höchste Tagesmittelwert des gesamten Jahres 2018 mit 101 µg/m³ Feinstaub an der Messstation „Linz-Neue Welt“ registriert und damit der Tagesmittelwert von 50 µg/m³ deutlich überschritten. Die Feinstaubbelastung ist also in der Silvesternacht die höchste des ganzen Jahres. Um Mitternacht steigt sie auf etwa das 10-fache an. Als Grenzwert sind maximal 25 Tage mit einem Tagesmittelwert von über 50 µg/m³ zulässig. Im Gegensatz zum 01. Jänner 2018 war das Jahr 2018 richtiggehend feinstaubarm und die Grenzwerte wurden an allen Messstationen in Oberösterreich eingehalten.

Hauptquellen für die Emission von Feinstaub ist der Reifenabrieb beim Verkehr und die Industrie. Letztere konnte den Ausstoß durch den Einbau von Filteranlagen drastisch senken.

Was steckt in den Feuerwerkskörpern?

Zu 60-75 Prozent bestehen Feuerwerkskörper aus Hüllen, Konstruktionsteilen und Verpackungen, für die Karton, Holz, Ton und Kunststoff verwendet werden. Die restlichen 25-40 Prozent sind pyrotechnische Sätze, die überwiegend aus Schwarzpulver, einer Mischung aus Kaliumnitrat, Holzkohle und Schwefel, bestehen. Für Knallen, Pfeifen und Farben sorgen sogenannte Effektsätze.

Schwermetalle

Rote, grüne, blaue Farbeffekte und noch viele mehr können beim Explodieren der Raketen bewundert werden. Schwermetalle geben dem Feuerwerk die Farben. Doch genau diese bunte Vielfalt ist für die Belastung unserer Böden oder stehender Gewässer verantwortlich. Hochgiftige Schwermetalle wie Strontium, Arsen, Blei, Selen oder Cäsium belasten unsere Umwelt enorm.

Lärmbelastung

Bis zu 170 Dezibel kann der Schalldruckpegel eines Feuerwerkskörpers erreichen. Zum Vergleich: Der Lärmpegel eines Düsentriebwerkes bei einem Abstand von 25 Meter beträgt etwa 140 Dezibel. Bei Tieren sorgt der anhaltende Lärm für Angstreaktionen und Panik, welche zu Verhaltensstörungen und sogar schweren Verletzungen führen können. Aber nicht nur Tiere leiden, sondern auch Menschen können durch laute Knaller Gehörschäden davontragen.

Tausende Tonnen Müll

Jährlich verursachen abgebrannte Knallkörper, Böller und Feuerwerksraketen große Mengen an Müll. In Summe werden 1000 Tonnen Müll zum Jahreswechsel erzeugt. „Was in der freien Natur zurück auf den Boden fällt, bleibt auch dort liegen und kann Wild- und Nutztieren gefährlich werden, wenn sie die Rückstände der pyrotechnischen Gegenstände fressen“, erklärt Hiegelsberger.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Verletzungen

Jedes Jahr endet der Silvesterspaß für etwa 1000 Österreicher im Krankenhaus. Die häufigsten Verletzungen betreffen die Augen, Ohren und Hände.

Die Feinstaubteilchen sind nur Bruchteile eines Millimeters groß und für das menschliche Auge nicht sichtbar. Das Einatmen von Feinstaub gefährdet die menschliche Gesundheit. Die Wirkungen reichen von vorübergehenden Beeinträchtigungen der Atemwege über einen erhöhten Medikamentenbedarf bei Asthmatikern bis hin zu Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen. Zu großen Teilen besteht der Feuerwerksqualm aus Feinstaub (PM – Particulate Matter, PM10). PM10 – Staubteilchen mit einem Durchmesser von weniger als 10 µm (10 µm sind 10 Millionstel Meter) können beim Menschen in die Nasenhöhle und die Luftröhre eindringen, die kleineren Partikel PM2,5 (Partikel mit maximalem Durchmesser von 2,5 µm) bis in die kleinen Bronchien und Bronchiolen. Einige dieser sehr kleinen Partikel können sogar die Lungenbläschen erreichen und so auch in den Blutkreislauf gelangen.

Sachschäden

Jedes Jahr werden in Österreich durch Feuerwerke Brände verursacht. Die Schadenssummen gehen bis in die Millionen Euro.

Der OÖ Bauernbund fordert daher

  • Knallerfreie Gemeinden
  • Verschmutzte landwirtschaftliche Nutzflächen müssen durch die öffentliche Hand (Gemeinden und Straßenmeistereien) gereinigt werden
  • Ersatz der Plastikteile (Raketenspitzen- und hülsen) durch verrottbare Materialien, wie etwa Maisstärke ähnlich eines Plastiksackerlverbotes
  • eine umfassende Informations-Kampagne der Gemeinden, des Landes und des Bundes zur Aufklärung der Bevölkerung über schädliche Auswirkungen von Feuerwerken und Knallkörpern
  • geeignete umsetzbare Maßnahmen zur drastischen und wirksamen zeitlichen und örtlichen Eindämmung der Silvesterfeuerwerke und der damit verbundenen Verschmutzung

Alternative Silvesterbräuche

Traditionen und Bräuche sind Teil unseres Lebens und sollen dies auch bleiben. Feuerwerke können durch Licht- und Lasershow ersetzt werden und erzielen ähnliche Effekte, dafür ganz ohne Lärm, Rauch, Ruß, Feinstaub, Schwermetalle und Müll.

Auch das Orakel zum Jahreswechsel muss nicht ausfallen. Statt des Bleigießens kann dafür auch Kerzenwachs verwendet werden. Karten legen und Kaffeesatz lesen verschaffen ebenso einen Blick ins neue Jahr und der Kaffeesatz lässt sich dann sogar wunderbar kompostieren.

Bildquellen

  • Kuhweide oder Raketenfriedhof: Stock.Adobe/Lena Balk, focus finder