Herkunftskennzeichnung: Einigung auf gemeinsame Vorgehensweise
Es ist für Konsumenten derzeit nicht möglich, zu erkennen, woher die Grundzutaten für verarbeitete Produkte oder in der Gemeinschaftsverpflegung (Großküchen: öffentliche Kantinen, Kindergärten, Mensen, Spitäler, …) kommen.
Im Regierungsprogramm haben sich die Koalitionsparteien auf eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Herkunftskennzeichnung geeinigt: Verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021.
Das Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium haben zur rechtskonformen Umsetzung ein gemeinsames Rechtsgutachten bei Europarechtsexperten Univ.- Prof. Walter Obwexer in Auftrag gegeben. Daraus geht hervor, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung möglich ist.
Auf Basis des Rechtgutachtens hat Gesundheitsminister Anschober Ende Jänner einen ersten Verordnungsentwurf zur Herkunftskennzeichnung vorgelegt. Dieser umfasste aber lediglich die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung für die Produkte Rindfleisch und Eier – und ging damit für das Landwirtschaftsministerium, die Landwirtschaftskammer und die Landesagrarreferenten nicht weit genug!
Nun hat das Gesundheitsministerium nachgeschärft und die Forderungen der Landwirtschaft aufgenommen – ein Entwurf für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung und bei verarbeiteten Produkten für Fleisch, Milch, Eier liegt nun vor.
Dieser Vorstoß des Gesundheitsministeriums ist sehr zu begrüßen – endlich wurde der Widerstand aufgegeben um die Herkunftskennzeichnung, wie im Regierungsprogramm vereinbart, umsetzen zu können.
Definition – Gemeinschaftsverpflegung
– Als Gemeinschaftsverpflegung gelten laut der Definition einer CODEX Arbeitsgruppe der beiden Ministerien – Großküchen, wie öffentliche Kantinen, Kindergärten, Mensen, Spitäler, etc.
– Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie (Wirtshäuser, Restaurants, etc.) wurde bei den Regierungsverhandlungen explizit ausgenommen, um vor allem bei den großen Mengen anzusetzen und nicht beim kleinen Wirtshaus.
– Im Regierungsprogramm wurde die Herkunftskennzeichnung für die Gastronomie bewusst als freiwillige Maßnahme vereinbart. (Kapitel – Gute Lebensmittel für alle Transparenz für Bürgerinnen und Bürger: Umsetzung eines durchgängigen freiwilligen Qualitäts- und
Herkunftssicherungssystems für Direktvermarktungsbetriebe, Manufakturen und Gastronomie bzw. Regionale Herkunft der Lebensmittel als Qualitätskriterium in der Gastronomie verstärken sowie Initiativen zur stärkeren Verbreitung der Herkunftskennzeichnung.)
– Die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie wäre eine weitere Belastung der kleinen Betriebe, die durch Corona bereits hart getroffen sind.
Zusammenfassung des Rechtsgutachtens von Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer:
– Grundsätzlich sind für die zur Einführung einer verpflichtenden
Herkunftskennzeichnung von Milch und Fleisch (Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch) die Voraussetzungen der Art. 39 und 45 LebensmittelinformationsVO (materielle und formale Kriterien) einzuhalten.
– Für die Herkunftsangabe bei anderen Lebensmitteln wie Rindfleisch und -erzeugnissen, Eiern sowie Obst und Gemüse bestehen Sonderregelungen. Diese Lebensmittel unterfallen nicht der EU-LebensmittelinformationsVO, daher gelten die strengen Anforderungen der Art. 39 und 45 nicht. D.h. im Wesentlichen ist der strenge Maßstab des Art. 39 (Nachweis einer Verbindung zwischen Herkunft und Qualität) nicht anzuwenden.
– Für alle verarbeiteten Lebensmittel ist – im Falle einer verpflichtenden oder freiwilligen Herkunftsangabe des Lebensmittels– die PrimärzutatenVO anzuwenden. D.h. Entscheidet sich der Unternehmer für eine Herkunftsangabe, hat er die Herkunft der Primärzutat – mit der Wahlmöglichkeit EU/Nicht-EU/MS/etc. – anzugeben. Grund: Vermeidung der Irreführung der Verbraucher. Konkret darf der Unternehmer nicht einen „österreichischen Käse“ in Verkehr bringen, wenn die Milch nicht aus Österreich stammt, außer ein Kennzeichnungshinweis stellt klar, dass die Milch aus Nicht-EU/EU oder einem anderen Mitgliedsstaat ist.
– Für Lebensmittel, die der LebensmittelinformationsVO unterliegen, kann eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung eingeführt werden, wird durch das Gutachten bestätigt. Allerdings sind die strengen Vorgaben in Art. 39 und 45 der EU-LebensmittelinformationsVO zu beachten.
Zusammenfassend wird bestätigt, dass die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung im Sinne des Regierungsprogramms (verarbeitete Produkte und Gemeinschaftsverpflegung) für jene Lebensmittel möglich ist, für die
Sonderregelungen gelten, z.B. Rindfleisch, Eier, Obst und Gemüse. Für jene Lebensmittel, die unter die LebensmittelinformationsVO fallen, ist dies rechtlich ebenfalls möglich, allerdings nur unter den strengen Voraussetzungen der Art 39 und 45 LebensmittelinformationsVO, insbesondere Verbindung zwischen Qualität und Herkunft, nur bestimmte Arten oder Kategorien von Lebensmitteln. Für eine Notifizierung einer Regelung an die Europäische Kommission ist eine fachliche Untermauerung jedenfalls erforderlich.
Textquelle: Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
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