Agrarspitze auf Rieder Messe: „Wertschätzung muss sich im Einkommen widerspiegeln“
Noch bevor sich heute tausende Besucher auf der Agrarmesse Ried über die Möglichkeit eines Messebesuchs erfreuen, fordert die heimische Agrarspitze einmal mehr faire Preise für ihre Produkte. „Die Wertschätzung der Landwirtschaft muss sich endlich in der Wertschöpfung bei den Bäuerinnen und Bauern widerspiegeln“, sind sich Bauernbund-Präsident und NR DI Georg Strasser, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich Josef Moosbrugger sowie Oberösterreichs Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger einig.
Strasser: Mehr Tierwohl ist kein Selbstläufer – brauchen Unterstützung aller!
„Trotz kontinuierlicher Stagnation haben wir im vergangenen Jahr ein leichtes Plus bei den bäuerlichen Einkommen. Das zeigt, dass die Mittel der Bundesregierung und unsere Maßnahmen auf den Märkten gewirkt haben. Jetzt stehen wir beispielsweise in der Schweinebranche erneut vor großen Veränderungen, die unseren Bauern viel Geld kosten. Wir wollen uns verändern und müssen jetzt darüber reden, wer die Umbauten für Tierwohlställe bezahlt. Die Kosten für bessere Fütterungs- und Haltungsbedingungen werden die Bauernfamilien sicher nicht alleine tragen. Für eine langfristige Weiterentwicklung brauchen wir die Zusagen der Lebensmitteleinzelhändler. Handel, Gastronomie und Konsumenten sind neben den Bauernfamilien wichtige Entscheidungsträger und werden ihre Verantwortung im Konsum wahrnehmen müssen. Die Gespräche laufen, wir pochen jetzt auf Unterstützung, damit sich Familienbetriebe weiterentwickeln können“, so Strasser. Österreichs bäuerliche Berufsgruppe zeichnet sich durch eine verjüngte Altersstruktur aus, denn im EU-Vergleich ist Österreich mit 22,2% Jungbäuerinnen und Jungbauern klarer Spitzenreiter. „Wir wollen Spitzenreiter bleiben und Perspektiven für die Jugend schaffen. Dazu braucht es neben der Unterstützung für Junglandwirte wie beispielsweise der Existenzgründungsbeihilfe in der künftigen GAP auch Maßnahmen auf den Märkten. Die aktuellste WIFO-Studie zeigt klar, dass wir der überbordenden Marktmacht der Handelsriesen kaum Herr werden. Bauern sollen sich vermehrt zusammenschließen und Vermarktungsorganisationen müssen gestärkt werden“, so der Präsident.
Köstinger: Lassen uns nicht auseinanderdividieren
„Wie weit andere Parteien von der Realität weg sind, zeigt das aktuelle Wahlplakat ‚Bio oder Gift‘ in Oberösterreich. Das ist ein Anschlag auf den Zusammenhalt innerhalb der Bauernschaft. Aber wir lassen uns nicht auseinanderdividieren“, zeigt Köstinger kein Verständnis für die aktuellen Wahlkampfaktivitäten der Grünen. „Unsere Bäuerinnen und Bauern haben mit stagnierenden Einkommen zu kämpfen. Der Green Deal ist eine zusätzliche Bedrohung für das Einkommen der kleinstrukturierten Landwirtschaft. Gerade in dieser Zeit sind Wahlslogans wie diese ein Schlag ins Gesicht für jede Bäuerin und jeden Bauern. Was es braucht ist Wertschätzung für die familiengeführte Landwirtschaft in Österreich, die sich auch in der Wertschöpfung widerspiegelt. Lippenbekenntnisse des Handels sind zu wenig. Wenn von einem Kilogramm Schnitzelfleisch nur noch 85 Cent bei den Bäuerinnen und Bauern überbleiben und wir gleichzeitig beim AMA Gütesiegel um 2-3 Cent für mehr Tierwohl diskutieren, dann passt die Werbung des Lebensmittelhandels nicht mit der Realität zusammen. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, den die Bäuerinnen und Bauern täglich führen. Daher fordere ich die Solidarität der Konsumentinnen und Konsumenten auch am Regal“, so Köstinger und ergänzt: „Wir werden seitens der Politik unsere Hausaufgaben machen und die notwendigen, praxistauglichen Rahmenbedingungen für die Zukunft unserer Familienbetriebe schaffen!“
Moosbrugger: Aus Würgegriff des Handels befreien und Weichenstellungen vornehmen
„Der Herbst muss dringend dazu genützt werden, entscheidende Weichenstellungen im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern vorzunehmen. Die brandaktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung verdeutlicht den sinkenden Anteil der Landwirtschaft in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette und somit massiven Handlungsbedarf. Wir müssen uns dringend aus dem Würgegriff des Handels befreien und eine rot-weiß-rote Trendumkehr einleiten“, sprach sich Moosbrugger für einen Schulterschluss der gesamten Wertschöpfungskette mit verlässlichen Qualitätspartnerschaften und besseren Erzeugerpreisen aus. „Der Handel sollte zu seiner Nachhaltigkeitsverantwortung stehen. Er kann nicht ständig von den Bäuerinnen und Bauern mehr Leistungen fordern und dann die Abgeltung der Mehrkosten blockieren. Außerdem ist der Gesundheitsminister gefordert, das am Tisch liegende Paket zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung endlich umzusetzen. Aber auch sonst gilt es, alle Hebel im Bewegung zu setzen, um unserer bäuerlichen Landwirtschaft in Österreich echte Zukunftsperspektiven zu bieten. EU-Pseudonachhaltigkeits-Strategien wie der Green Deal, aber auch die EU-Forststrategie, die massive Außer-Nutzung-Stellungen vorsehen, müssen dringend korrigiert werden. Für Waldbauern und Klimaschutz ist es wichtig, vorhandene Potenziale nachwachsender Rohstoffe nützen zu können. Außerdem werden wir die kommende Zeit für einen intensiven Arbeitsprozess zur nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nützen“, betonte Moosbrugger.
Hiegelsberger: Wollen uns auch künftig mit regionalen Produkten versorgen können
„Unser Ziel ist klar: Wir möchten die Menschen im Land auch in Zukunft mit besten regionalen Lebensmitteln versorgen. Oberösterreich als produktives Agrarland kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Dazu braucht es starke landwirtschaftliche Betriebe und eine aktive politische Vertretung, um landwirtschaftliche Produktion im Inland zu sichern“, so Hiegelsberger. „Das Land Oberösterreich hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium und in enger Abstimmung mit den Agrarreferenten der Länder viel für die heimische Tierhaltung erreicht: Der Verlustersatz für indirekt von der Corona-Krise geschädigte Betriebe, die Erweiterung des Qplus-Rind Programms, der Aufbau des österreichweiten Tiergesundheitsdienstes, die Ausfinanzierung der Invest-Förderung und ganz zentral auch die Vorreiterrolle des Landes beim regionalen Lebensmitteleinkauf. All diese Maßnahmen sind entweder direkt einkommenswirksam oder stellen wichtige Weichenstellungen für die Zukunft des Agrarlandes Oberösterreich dar. In dieser Gangart kann es weitergehen“, sagt der Oberösterreicher. Wo er als Agrar-Landesrat noch dringenden Handlungsbedarf sieht: „Der Green Deal darf nicht die Einkommen der Betriebe und die Versorgungsleistung der heimischen Landwirtschaft gefährden. Mit erhöhten Importen ist in Europa niemandem geholfen und am wenigsten dem Klima. Wenn sich die europäische Landwirtschaft noch weiter vom globalen Standard abhebt, braucht es auch einen entsprechenden Importschutz. Vor allem aber müssen auch die Konsumentinnen und Konsumenten mit ins Boot geholt werden, denn eine lebendige, bäuerliche Landwirtschaft mit bester Umweltbilanz benötigt auch entsprechende Produktpreise.“
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