Agrarspitze auf Tour im Innviertel – „Wir brauchen einen fairen Preis für unsere Produkte“

Veröffentlicht von OÖ Bauernbund am

Die Bäuerinnen und Bauern bekommen immer weniger vom sprichwörtlichen Kuchen. Das hat Anfang September eine Studie des Wirtschaftsförderungsinstitutes (WiFO) gezeigt. Betrug der Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfungskette Agrargüter, Lebensmittel und Getränke im Jahr 2005 noch 20,2 %, so verringerte sich dieser im Jahr 2019 auf 17,5 %.

Dass es hier eine „rot-weiß-rote Trendumkehr“ braucht und sich die „Wertschätzung beim Einkommen widerspiegeln“ muss, wurde beim Pressegespräch des Bauernbundes am Donnerstag in Mehrnbach von der österreichischen und oberösterreichischen Agrarspitze betont. Das Pressegespräch samt Betriebsbesuch fand am Betrieb der Familie Monika und Robert Rendl in Probenzing 14 statt.

Im Anschluss an das Pressegespräch folgte eine Gesprächsrunde mit Ferkel- und Schweinehaltern und am Abend eine Infoveranstaltung mit LK-Präsident Josef Moosbrugger und LKOÖ-Präsidentin Michaela Langer-Weninger.

Moosbrugger: Rot-weiß-rote Trendumkehr einleiten

„Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren unter höchsten Qualitätsstandards beste Produkte für die Versorgung unserer Bevölkerung. Sie stehen am Anfang der Wertschöpfungskette. Es kann nicht sein, dass sie den geringsten Anteil am Erlös bekommen“, sagte Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ). Der Vorarlberger war extra zum Bauernbund-Tag und Pressegespräch ins Innviertel, unter anderem auf den Betrieb Rendl nach Mehrnbach im Bezirk Ried, gekommen.

„Unsere bäuerlichen Familienbetriebe befinden sich immer häufiger in einem enormen Schraubstock, dessen Schrauben der Handel immer stärker anzieht. Wir müssen uns daraus befreien und eine rot-weiß-rote Trendumkehr einleiten“, wiederholte er seine Forderung vom agrarpolitischen Herbstauftakt auf der Rieder Messe, die gerade am vergangenen Wochenende über die Bühne gegangen ist. „Höhere Erzeugerpreise und Planbarkeit sind entscheidende Zukunftsfaktoren für die Bäuerinnen und Bauern. Die österreichische Spitzenqualität samt unzähliger Mehrleistungen kann es nicht zum Weltmarktpreis geben“, so der LKÖ-Präsident.

LK-Präsident Moosbrugger beim Infoabend in Dorf an der Pram

Hiegelsberger: Es braucht Signale des Marktes

Gerade die Rieder Messe am vergangenen Wochenende habe einmal mehr gezeigt, was die heimische Landwirtschaft alles kann. „Unsere Bäuerinnen und Bauern sind innovativ, entwicklungsfreudig und arbeiten mit vollem Einsatz. Damit aber die Betriebe weitergeführt werden können, braucht es Signale des Marktes. Das heißt einen angemessenen Produktpreis, um die kleinstrukturierte österreichische und oberösterreichische Landwirtschaft zu erhalten“, betonte Oberösterreichs Agrarlandesrat und Bauernbund-Landesobmann Max Hiegelsberger.

Auch seine Forderung ist stark Richtung Handel gerichtet, denn dieser wolle trotz satter Gewinne Bäuerinnen und Bauern ihren gerechten Anteil am Erlös nicht so recht gönnen. „Es ist schon seltsam: Die Filialen des Lebensmittelhandels schießen nur so aus dem Boden und es scheint egal zu sein, wenn sie nach zehn Jahren wieder abgerissen werden. Eine Bäuerin und ein Bauer muss aber so kalkulieren, dass sich ein Stall nach 20 Jahren oder mehr abzahlt.“

Hiegelsberger fordert ein Bekenntnis zu regionaler Qualität entlang der gesamten Wertschöpfungskette. „Aber nicht nur in Werbungen“, spielt der Landesobmann auf die idyllischen Clips und Sujets heimischer Handelsketten an. „Nachhaltigkeit und höchste Qualität der heimischen Produkte dürfen nicht nur als Werbebotschaft benutzt werden, sondern müssen mit einem entsprechenden Produktpreis honoriert werden.“

Gesprächsrunde mit Ferkel- und Schweinehalter in Dorf/Pram bei Fam. BBO Zellinger. v.l. Hiegelsberger, Moosbrugger, Josef und Irene Zellinger und Langer-Weninger mit Funktionären

Langer-Weninger: Keine Pseudo-Nachhaltigkeitsstrategien à la Green Deal

Nicht erst die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Eigenversorgung mit Lebensmitteln ist. „Das muss der Gesellschaft etwas wert sein, vor allem aber auch dem Handel. Sind die Regale einmal leer, ist es zu spät. Dann haben zu viele Bäuerinnen und Bauern ihren Hof für immer zugesperrt. Der Druck auf unsere Bauernfamilien ist wirklich groß“, sagt Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ. Von den Bäuerinnen und Bauern werde immer mehr gefordert, etwa in Bezug auf Tierwohl oder Pflanzenschutz. „Viele Handelsketten schrauben die Anforderungen an die Landwirtschaft ständig nach oben. Unsere Bäuerinnen und Bauern können vieles davon erfüllen. Dazu braucht es aber Planbarkeit und vor allem einen fairen Preis“, so die Präsidentin.

Um der bäuerlichen Landwirtschaft echte Zukunftsperspektiven zu bieten, müssten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, etwa in Bezug auf die Ausgestaltung der künftigen gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). „Pseudonachhaltigkeits-Strategien der EU wie es etwa der Green Deal ist, müssen dringend korrigiert werden“, so Langer-Weninger. In der derzeitigen Form würde der Green Deal eine Verringerung der Produktionskapazität der EU-Landwirtschaft und deren Einkommen bewirken. Durch Produktionsverlagerung in Drittländer würden außerdem positive Umwelteffekte zunichtegemacht.

Infoabend in Dorf/Pram – v.l. Dammayr, Bäck, Gumpinger, Langer-Weninger, Hosner, Moosbrugger, Burgstaller

Rendl: Wir Bäuerinnen und Bauern sind keine Umweltverpester und Tierquäler

Dass der Druck auf Bäuerinnen und Bauern immer größer wird, bestätigte auch Monika Rendl, auf deren Betrieb das Pressegespräch stattfand. „Ich bin sehr gerne Bäuerin“, sagt die 44-Jährige, die auch für den Landtag bei der Wahl am 26. September kandidiert. „Aber, wenn wir Bäuerinnen und Bauern als Umweltverpester oder Tierquäler hingestellt werden, tut mir das weh. Wir Landwirte arbeiten sehr gut. Wir wollen, dass es den Tieren gut geht, dass die Landschaft gepflegt wird und dass wir nachhaltig wirtschaften.“ Sie selbst hat ihren Betrieb gemeinsam mit ihrem Mann Robert 2016 von Kühen auf Milchschafe umgestellt und somit eine Nische gefunden, die sie zufrieden macht. „Ich kenne so viele Bäuerinnen und Bauern, die mit soviel Leidenschaft ihre Höfe bewirtschaften. Aber es muss sich auch mit der Wirtschaftlichkeit ausgehen“, beschreibt Rendl die Sorgen vieler ihrer Berufskolleginnen und -kollegen.

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