Singen, Räuchern, Backen: Advent- und Weihnachtsbrauchtum mit den OÖ Bäuerinnen
Wenn es schon spätnachmittags draußen dunkel wird und sich eine heimelige Ruhe über den hektischen Alltag legt, die – wenn man Glück hat – von ein paar sanften Schneeflocken begleitet wird, dann spürt man, dass diese schöne Zeit im Jahr begonnen hat: Die Adventzeit, die das Jahr ausklingen lässt und mit dem Weihnachtsfest seinen Höhepunkt erreicht. Wer sich dabei von Bräuchen begleiten lässt, erlebt diese Tage besonders intensiv. Die Bäuerinnen im OÖ Bauernbund erzählen von ihren beliebtesten Bräuchen.
Man muss nur in Kinderaugen schauen, um zu wissen, welche Freude der Advent und das Weihnachtsfest in den Menschen bewirken kann. „Wer sich von diesem Zauber anstecken lässt, kann diese besondere Zeit im Jahr ganz bewusst erleben und ein Gefühl des inneren Berührtseins erfahren“, sagt Landesbäuerin Johanna Haider. „Bräuche verbinden dabei noch einmal mehr, sie erhalten und stiften Gemeinschaft und unterbrechen das Einerlei des Alltags. Leider wird auch heuer wieder das Brauchtum durch die Corona-Pandemie eingeschränkt. Umso schöner ist es dann aber anzusehen, wenn Bräuche eben im kleinen Kreis, in der Familie praktiziert werden“, sagt Haider. Sie und ihre Bezirksbäuerinnen-Kolleginnen aus dem Mühlviertel erzählen von ihren Bräuchen zuhause.
Blühen die Barbarazweige schon?
Zugegeben: Zum Abschneiden der Barbarazweige ist es schon etwas spät. Dies sollte bereits am Namenstag der heiligen Barbara, am 4. Dezember, erfolgt sein. Wenn man aber unbedingt will, dass die Zweige bis zum oder am Christtag aufblühen, „kann man mit ein paar Tricks noch ein bisschen nachhelfen“, sagt Barbara Payreder, Bezirksbäuerin von Perg. Der Brauch zu Ehren ihrer Namenspatronin hat in ihrer Kindheitsfamilie eine große Bedeutung, sowie generell die Namenstage. „Die Namenstage von uns fünf Töchtern wurden jährlich gefeiert und hatten den gleichen Stellenwert wie der Geburtstag.“ Noch vor Sonnenaufgang schnitt ihr Vater ein paar Kirschzweige ab und stellte diese in einer Vase auf den Frühstückstisch. Und dann wartete man gespannt, ob die Zweige zu blühen beginnen, denn das soll Glück fürs neue Jahr bringen. Je nach Gegend werden den Blüten weitere Bedeutungen zugeschrieben: Es kann zum Beispiel ein Hinweis auf eine gute Ernte im nächsten Jahr sein, es steht eine Hochzeit an oder aber die Anzahl der Blüten lässt auf das Wetter im kommenden Jahr schließen. „Das vermeintliche Wunder der Natur – nämlich Blüten im Winter hervorzubringen, soll das Wunder der „Heiligen Nacht“ verdeutlichen“, erzählt Payreder.
Wie kann man dem Glück also ein bisschen nachhelfen? „Optimal ist es, wenn es vor dem Schneiden der Zweige bereits Frost gegeben hat. Und wenn nicht, kann man die Zweige für ein paar Stunden ins Gefrierfach legen. Die Vase mit den Zweigen sollten dann nicht zu warm stehen. Die Enden der Zweige soll man regelmäßig anschneiden, um die Wasseraufnahmefähigkeit zu verbessern und das Wasser sollte zumindest alle drei Tage gewechselt werden“, gibt Payreder Tipps, damit aus den Knospen rechtzeitig Blüten hervorkommen.
In den Gegenden, in denen am Barbaratag Schnee gelegen ist, dürfen sich die Bewohner übrigens auf eine gute – zumindest Grünlandernte – freuen, denn eine Bauernregel sagt „St. Barbara im Schnee, im nächsten Jahr viel Klee.“ Und wo kein Schnee gelegen ist, werden es zumindest weiße Weihnachten, denn eine die umgekehrte Bauernregel sagt: „Geht Barbara im Klee, kommt´s Christkind im Schnee.“
Räuchern soll vor dem Bösen schützen
Weithin bekannt ist der Brauch des Räucherns, der auch bei Landesbäuerin und Bezirksbäuerin von Urfahr Johanna Haider Anwendung findet. „Das Räuchern ist eines der ältesten Rituale, die es gibt. Es soll vor dem Bösen schützen und Haus und Hof reinigen. Und außerdem haben der Duft und die Zeremonie des Räucherns eine sehr entspannende Wirkung auf uns“, sagt Haider. Zu Weihnachten ist natürlich Weihrauch ein beliebtes Räuchermittel, oder auch Myrrhe. Auch mit getrockneten Kräutern wie Salbei, Johanniskraut, Beifuß oder Misteln kann geräuchert werden.
In Johanna Haiders Familie wird an den vier wichtigsten Raunächten geräuchert: Am 21.12. – das ist die längste Nacht; am 24.12. – das ist die Christnacht; am 31.12. – die Silversternacht; und am 5.1. – die Dreikönigsnacht. „Mit der Räucherschale geht man durch jeden Raum des Hauses, und zwar so lange, bis der Rauch im Raum steht. Beim Reinigen darf und soll der Rauch richtig aufgehen, damit sich alles lösen kann. Kurz einwirken lassen und nachfolgend ausgiebig lüften“, gibt Haider Tipps zum „erfolgreichen“ Räuchern.
Ein Germteig-Wacka zum Christtagsfrühstück
Auch Johanna Miesenberger, Bezirksbäuerin von Freistadt und Bundesratsabgeordnete, nimmt Bräuche wichtig: „Brauchtümer und Traditionen geben uns in dieser schnelllebigen Zeit Halt und Struktur“, sagt sie. Bei ihr am Hof ist es Brauch, am 25. Dezember einen sogenannten „Germteig-Wacka“ zum Frühstück zu kredenzen. Der Germteig wird dazu am 24. Dezember schon zeitig in der Früh gemacht. „Er muss ja schließlich ausgiebig rasten. In dieser Rastzeit werden der Christbaum geschmückt und die letzten kleinen Vorbereitungen für die Bescherungen gemacht“, erzählt Miesenberger.
Das Rezept reicht für zwei „Modln“ – „das sind Steingut-Gugelhupf-Formen, die dem Wacka die traditionelle Form geben und obwohl nicht alle Rosinen lieben: Bei diesem Rezept gehören sie einfach dazu.“ Das Rezept hat Miesenberger von ihrer Mutter, die trotz der vielen Arbeit diese Tradition immer hochgehalten hat, „und ich führe sie nun weiter“, sagt Miesenberger: „Jeder von uns verbindet mit den Bräuchen Kindheitserinnerungen. So haben wir mit überlieferten Brauchtümern immer ein Stück Heimat in uns.“
„Glück herein, Unglück hinaus“: Das Raunachtsingen in Nebelberg bringt Glück und lässt auch den Schabernack nicht aus – allerdings nur alle zehn Jahre
Von einem besonderen Brauch erzählt Michaela Märzinger, Bezirksbäuerin von Rohrbach. In Nebelberg gibt es das verheißungsvolle „Raunachtsingen“, das nicht nur ein Singen, sondern ein ganzes Schauspiel ist. Im Mittelpunkt steht der Spruch „Glück herein, Unglück hinaus.“ Natürlich ist also bei diesem Brauch die Abwehr von bösen Geistern und der Wunsch eines glücklichen neuen Jahres der „Zweck“ des Brauches. Es hat aber auch einen ganz banalen Hintergrund. Besonders viel Glück soll es nämlich bringen, wenn die Überbringer der Wünsche – was vor allem ärmere Menschen waren – mit reichlich gutem Essen beschenkt wurden.
Etwa 70 Figuren sind daran beteiligt: Vom Guckkastenmann mit seinem „Weib“, über den Platzmacher, den Vorausgehern, den Sterntreibern, usw. werden von all diesen lustigen und grotesken Gestalten Sprüche vorgetragen und dann das Raunachtslied gesungen. Dann kommen noch die „Zitherer“, die mit ihren Instrumenten Gstanzl´n zum Besten geben und dabei auch so manchen Schabernack der Leute im Ort „ausplaudern“. Über die Bühne geht der Brauch am Tag vor dem Fest der Hl. Drei Könige. Einziges Manko bzw. was das Schauspiel noch ein bisschen besonderer macht: Das Raunachtsingen gibt es in Nebelberg nur alle zehn Jahre – das nächste Mal im Jänner 2030. (Hätten die Nebelberger bei ihrer Aufführung im Jänner 2020 gewusst, dass kurz darauf Corona kam, hätten sie sich wohl noch mehr angestrengt, die bösen Geister zu vertreiben.